Open Source und öffentliche Infrastrukturen

Waste_disposal(–;de)

Letzte Woche war ich im Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg bei der 2. öffentlichen Kommission „Open Source für die Verwaltung Friedrichshain-Kreuzberg“ (27.02., 17:30 Uhr, Yorckstr. 4-11, Sitzungssaal 1053). Berlin überlegt, dem Beispiel Münchens zu folgen, welches mit LiMux erfolgreich alle Arbeitsplätze auf Open Source umgestellt hat.

Einer der Referenten war Michael Arndt von der Open Source Business Alliance (OSBA), der auch aktiv für Open It Berlin das Berliner Netzwerk für freie IT warb. In seinem Vortrag gab es eine Folie mit mehreren Spiegelstrichen zu den Vorteilen/Effekten von Open Source. Ein paar davon gebe ich hier mal wieder.

  • hohe Investitionssicherheit
  • Unabhängigkeit von Dienstleistern
  • Standardisierte Entwicklung
  • Effizientere Nutzung von Ressourcen
  • Förderung der lokalen Wirtschaft
  • Schnellere Fehlerbehebung


LiMux_logo_and_wordmarkHintergrund hierfür war unter anderem die auf davor gezeigten Folie stehende Forderung bzw. die Anregung für die Verwaltung: „NEUE FACHAUSSCHREIBUNGEN ALS OPEN SOURCE“ – Wann immer die Verwaltung eine neue Software oder eine neue Verfahrenslösung ausschreibt, sollte sie diese als Open Source ausschreiben. Die Anbieter müssen die Lösung Open Source entwickeln.

Ein paar Kommentare dazu.

Openness & Public – Offenheit & Öffentlichkeit

Polizeiauto_DuisburgDie Spiegelstriche sind eigentlich relativ selbsterklärend. Ist eine Software offen, kann damit ihr Betrieb besser sichergestellt werden, denn geht die Firma, die sie entwickelt hat, pleite, verschwindet damit nicht die Software vom Markt, man muss lediglich den Serviceanbieter wechseln, der sich in den offenen Quellcode einarbeiten und ihn weiter unterstützen kann. Die Investition bleibt sicher, der Markt wird transparenter. Serviceleistung wie Wartung oder Schulung können von konkurrierenden Anbietern übernommen werden. Das senkt den Preis, sichert die Qualität und diese Aufgaben können direkt von Anbietern übernommen werden, die direkt vor Ort sind. Damit wird die Verfügbarkeit des Services besser und die lokale Wirtschaft wird gestärkt.

Die Offenheit der Technik ist also gut für die Öffentlichkeit auf zweierlei Weise. Erstens können so bessere, stabilere, nachhaltigere und langfristig günstigere Lösungen für den Steuerzahler realisiert werden. Zweitens wird Wissen transparent an die Öffentlichkeit zurückgegeben. Das stützt den demokratischen Prozess und gibt der „Wissensgesellschaft“ fortwährend Entwicklungsimpulse.

Open Source Feuerwehren, Polizeiautos, Kläranlagen und Ampelschaltungen

SE_DD_Bildergalerie_Klaerwerk_Kaditz_12Und wieso sollte all das nicht auch für Hardware gelten? Nahezu sämtliche Maschinen und Einrichtungen, die die öffentliche Hand nutzt, um ihren Aufgaben nachzukommen, könnten Open Source Hardware Lösungen sein: Polizeiautos, Feuerwehr, Verwaltungscomputer, Kläranlagen, Energieversorgung, Straßenbeleuchtung usw. All die Vorteile von offener Technik würden dann für diese Geräte gelten: Bessere Wartungsmöglichkeiten, besserer Betrieb, bessere Weiterentwicklung der Technik, Preissenkungen, wichtige Impulse für regionale Kreislaufbildungen und eine offenere Demokratie sind Ziel und zu erwartender Effekt.

Neue Fachausschreibungen als Open Source!?

Einwände & Hindernisse

Es gab in der Kommission auch zwei Einwände gegen „Neue Fachausschreibungen als Open Source“, die durchaus interessant waren. Ich gebe sie hier wieder.

Einwand 1

A-66._Construcción_del_puente_sobre_el_río_AlmonteDas würde ja Neuprogrammierung/Neuentwicklung bedeuten und das wäre ja viel teurer. Die Verwaltung ist angewiesen, auf Lösungen zurückzugreifen, die bereits auf dem Markt sind, d.h. auf etablierte Standards aufzusetzen. Eine Neuentwicklung ist natürlich sehr viel kostenintensiver und unter Umständen mit mehr Risiken behaftet. Wird sie funktionieren? Wird sie angenommen werden?

Das ist ein guter Einwand und er zeigt, dass man der Forderung nicht per se folgen kann, sondern man in Einzelfällen sehen muss, ob es hier sinnvoll ist und wenn ja wie. Ein Gegeneinwand zu Einwand 1 war übrigens, dass auch auf dem Markt bereits verfügbare Lösungen oft noch umfangreicher und kostenintensiv angepasst werden müssen (zu 20% und mehr).

Einwand 2

Die Offenlegung komplexer Verfahren ist mit Risiken behaftet. Man denke z.B. an das „Haushaltsverfahren Berlins“. Hier gibt es so viel interne Logik, die veröffentlicht werden müsste, 1000ende Unterverfahren usw. Die Risiken einer solchen Veröffentlichung sind im Vorhinein nicht abschätzbar.

Windmills_D1-D4_(Thornton_Bank)Auch dieser Einwand ist natürlich gut. Aber ich will trotzdem sagen, das Einwände der Art „wir können es nicht ändern, weil wir nicht wissen, was dann passiert“ durchaus kritisch zu betrachten sind. Je ofter man sie durchgehen lässt, je öfter werden sie weiter benutzt, um Veränderungs- und Öffnungsprozesse abzuschneiden. Das tun sie selbst mit einer diffusen Angst und Intransparenz: „Etwas, das keiner weiß, könnte schiefgehen“. Menschen sind aber in vielen Dingen anpassungsfähiger als so eine Argumentation vielleicht gerne zugeben möchte.

Open Source für die öffentliche Infrastruktur ist ein klares, einleuchtendes und vielversprechendes Ziel. Der Weg dorthin mag nicht immer einfach sein, aber wir gehen ihn definitiv los.

Nachtrag: Simon Weiß hat auch etwas zur Kommission

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Bilder: (1) Waste_disposal; by Fir0002; CC-BY-SA (2) LiMux Logo (3) Polizeiauto Duisburg; by Oceancetaceen Alice Chodura; CC-BY-SA (4) SE DD Bildergalerie Klaerwerk Kaditz_12; by Stadtentwässerung Dresden GmbH; CC-BY-SA (5) A-66. Construcción del puente sobre el río Almonte; gemeinfrei (6) Windmills D1-D4 (Thornton_Bank); by Hans Hillewaert; CC-BY-SA