COMMUNITY BUILDING – Wie baue ich eine Open Source Community auf?
(–;de)
Letztes Wochenende war ich in Nürnberg beim Open Up Camp 2014. Eine Session, die ich besucht habe, hieß: „Community Building – Wie baue ich eine Open Source Community auf?“ Die Session war von Freerich Bäthge von SensioLabs die hinter dem erfolgreichen PHP-Framework Symfony stehen. Ich gebe ein paar Punkte aus der Session hier unsortiert wieder und füge noch etwas hinzu.
(0) EIN PROJECT/EINE AUFGABE
Vorweg noch: Zunächst einmal und ganz grundlegend braucht man etwas, wofür man eine Community überhaupt gebrauchen kann, d.h. etwas an dem eine Community in irgeneiner Form mitarbeiten kann, das sie teilen, ergänzen, verwenden können usw. Der Workflow dafür (also das wie der Beteiligung, Ergänzung, Verwendung usw.) sollte gut designt und möglichst leicht sein.
Mit dem im Hinterkopf nun zu dem was Freerich über Symfony erzählt hat:
(1) STÜCK FÜR STÜCK ÖFFNEN
Vor der Öffnung waren schon 5000 Programmiertage (?) in das Framework geflossen. Die Öffnung erfolgte dann Stück für Stück, jede Woche ein bisschen mehr über ein Blog. Das hat die Leute so Stück für Stück „reingesogen“.
(Kommentar: „Communities versammeln sich um Ressourcen.“ Es gelingt so gut wie nie, ein Communityprojekt mit einer weißen Tafel am Anfang zu starten. In der Regel muss vorher schon etwas da sein, was einen gewissen Wert hat. Das zieht Leute an. Ideen gibt es viele, tatsächliche Ressourcen sind schon seltener. Symfony war bereits ein umfangreiches Framework. Die langsame Öffnung war ein guter Weg, Aufmerksamkeit dafür zu erzeugen und den Umfang zu vermitteln.)
(2) EVENTS
Es gab und gibt regelmäßige Events – Symfony Konferenzen in verschiedenen Ländern und Städten. „Biete der Community etwas.“
(3) ERFOLGE ZEIGEN
Das Framework war erfolgreich und große Unternehmen und Portale benutzen es. Laut darüber sprechen. Stolz darauf sein.
(4) KRITIK NUTZEN
Zu einem gewissen Zeitpunkt ist eine völlig neue Version 2 entwickelt worden. Dafür haben sie in der Community nach den größten Kritikern von Version 1 gesucht und mit denen gearbeitet. So haben sie zwar leider auch alte Leute (Fans der Version 1) verloren, aber viele neue hinzugewonnen vor allem für das Entwicklerkernteam.
(5) VERANTWORTUNG GEBEN
In Version 2 konnten sie dann auch mehr Leuten mehr Verantwortung geben. Verantwortung kann wie eine Belohnung wirken und motivieren.
(6) COACHES AUSBILDEN
Der Projektgründer hat ein kleines Seitenprojekt begonnen. Dort kam wer mit immer neuen Beiträgen. Manche wurden angenommen manche nicht. Wurden die Beiträge aber nicht angenommen, wurde das aber begründet. Eine Art Coaching fand statt. Heute coacht der damals gecoachte andere. Ein sich erweiterndes Netzwerk von Coaches bildet sich.
(7) LEUTE „RAUSSCHMEIßEN“
Es kommen immer wieder Leute, die schlechte oder in die falsche Richtung zeigende Beiträge liefern. Wenn sich diese Leute nicht coachen lassen, sie aus dem Projekt nehmen. Das stärkt den Zusammenhalt/die Identität des Projektes. Energien gehen nicht verloren. Coache lieber die, die gute Beiträge liefern. Um eine gute Community aufzubauen, braucht man die richtigen Leute.
(8) ZERTIFIZIERUNG
„… und gib den Leuten so Perspektiven, damit Geld zu verdienen.“ Irgendwann haben sie begonnen, Zertifikate zu vergeben/Leute zu zertifizieren. „Zertifikate sind gut, um das in den Enterprise-Markt reinzubringen.“ Zertifikate sind für Entwickler wertvoll. Die Firma bietet Support an. (Andere Wege: Badges sammeln und zu Wertzeichen machen? Gamification?)
(9) USERGROUPS
Offline gehen. Neben den Konferenzen haben sie auch überall Usergroups gegründet. Dafür haben sie Meetups gegründet und als Gastgeber Firmen in den jeweiligen Städten gewonnen, die mit Symfony arbeiten.
(10) LTS Versions – Long Term Versions
Alle 3 Jahr erscheinen stabile Releases für die es dann 3 Jahre Unterstützung von der Firma dahinter gibt. Das bedeutet auch feste Ziele/Visionen für die Community?
(11) COMMUNITY AWARDS
Sie vergeben Community Awards. „Das kreiert Helden. Du brauchst Helden.“
So weit zu den Anregungen, die ich aus der Session mitgenommen habe. Vielen Dank. Spannt man das Thema „Community Building“ noch ein bisschen weiter auf und denkt auch über Online Content z.B. für Open Source Hardware nach, dann gibt es natürlich noch ein paar allgemeinere Dinge hinzuzufügen:
(A) CONTENT IS KING
Communities versammeln sich um Ressourcen, wie oben bereits beschrieben. Im Web entstehen Beziehungen über den Austausch von Dingen. Großartige Inhalte stehen also im Zentrum. Man soll versuchen, sich auf das zu konzentrieren, worin man besonders gut ist. Welchen individuellen Ausgangsvorteil hat man? Gibt es eine besondere Qualität, ein besonderes Netzwerk, interessante Partner, großartige Ressourcen, eine besondere Glaubwürdigkeit usw.? Dort ansetzen. Eine gewisse zeitliche Konsistenz ist wichtig. Regelmäßiges Posten und Updaten ist gut.
(B) TEILEN ERMÖGLICHEN
Der Content sollte sehr einfach zu teilen (sharen) sein. Social Media Tools und Buttons auf der Seite die leicht zu finden und zu benutzen sind. Die einzelnen Beiträge brauchen gute und Interesse weckende Überschriften – was erscheint als Ankündigung oder Zusammenfassung auf den anderen Plattformen? Hat man ein gutes Bild? Bei Hardware-Files sind offene Lizenzen für das Teilen wichtig.
(C) INTERAGIEREN
Auf Kommentare und Beiträge anderer, wenn die Zeit es erlaubt, reagieren. Die Beiträge kommentieren und gegebenenfalls promoten.
(D) LEUTEN ZUHÖREN & VERBINDUNG AUFNEHMEN
Verfolgt das Geschehen in der Szene zu eurem Bereich – nutzt z.B. Social Media. Bleibt dran, was passiert. Zu wichtigen Personen kann man auch Kontakt aufnehmen. Offline Kontakte sind nicht zu unterschätzen. Eine Community besteht aus Menschen.
(E) PROMOTE ANDERE
Wenn es möglich ist, und man über andere Leute und Projekte schreibt, dann promotet sie: Nennt ihre Namen, verlinkt sie. Und lasst sie wissen, dass ihr über sie schreibt. Vielleicht teilen sie es dann ihrerseits, aber fragt sie nicht danach.
…
Und darüber hinaus kann man z.B. mal Jimmy Wales dem Wikipedia-Gründer zuhören (Video von 2007). „Wenn du ein Steak-Restaurant eröffnest, brauchen Menschen dort Steakmesser. Ja, damit könnten sie schlimme Dinge tun. Aber wenn du sie deswegen alle in Käfige setzt – was wäre das für ein Restaurant?“
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BILDER:
1. Maker Faire San Mateo 2008 (108), CC-BY-ND, by Flickr User: Rip R.Lagenta
2. Mini Maker Faire, CC-BY-NC-SA, by Flickr User: kentkb
3. Maker Faire San Mateo 2008 (33), CC-BY-ND, by Flickr User: Rip R.Lagenta